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Die evangelisch reformierte Kirche Wald-Michelbach

Liebe Besucherinnen und Besucher unserer Kirche! Im Jahre 1988 feierte Wald Michelbach die Erinnerung an seine erste urkundliche Erwähnung vor 750 Jahren. Von Anfang an ist die Geschichte Wald Michelbachs auch die Geschichte des Christentums in unserem Raum. Davon legt unsere Kirche, auch wenn sie kein besonderes Kunstwerk ist, Zeugnis ab. Sie war als "Kirchenburg" einmal der Ort äußeren Schutzes. Für die Menschen eines großen Kirchenspiels war und ist sie bis heute ein Ort der Vergewisserung des Glaubens, des Trostes und der Gemeinschaft.       


Abendmahlstisch, Kanzel und Orgel bilden heute das Zentrum des Kirchenraumes. Sie sind herzlich eingeladen, hier Gemeinde zu erfahren, sich vom Wort Gottes ansprechen zu lassen und ins Beten und Singen einzustimmen.        


Dr. Hellmut Zschoch (ehem. Pfarrer)

1. Geschichte

Erstmals urkundlich erwähnt wird die Kirche in Wald Michelbach 1238 aufgrund einer Auseinandersetzung zwischen Mainz und der Pfalz. Erbauer und ursprünglicher Besitzer war das Kloster Lorsch; später ging der Bau an den Erzbischof von Mainz über. Wohl schon seit dem 12. Jahrhundert war die Kirche zu einer Festung ausgebaut und zur Verteidigung gegen "streifende Feinde" mit drei dicken Mauern umgeben worden. Die innere Mauer mit ihren Schießscharte und dem östlichen Wehrturm ist heute noch zu sehen.    

1706 wird die Kirche der reformierten Gemeinde zugesprochen. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts war sie freilich so schadhaft, dass ein Neubau notwendig wurde. Nach dem Abriss 1751 wurde sie sofort wiederaufgebaut und 1755 eingeweiht. Das Kirchenschiff war jetzt länger, und über Chor und Eingang wurden Emporen errichtet, Das Kurmainz an dem Neubau mitwirkte, ist über einem kleinen ovalen Fenster an der Ostseite durch sein Wappen und eine Inschrift bezeugt: "Churmainz bauet das Chor und Thurm".          

1813 kam wegen Platzmangels eine Empore auf der Nordseite hinzu. Einem Blitzschlag fiel im Jahre 1835 das oberste Stockwerk und das Zwiebeldach des Turms zum Opfer. Das pyramidenförmige Dach sollte eigentlich nur ein Notbehelf sein, doch besteht er bis heute.        

1874 wurde nun auch auf der Südseite eine Empore errichtet und damit die Inneneinrichtung grundlegend verändert (siehe Inneres der Kirche). Die ringsrumlaufenden Emporen wurden mit Blumenornamenten und den Seligpreisungen kunstvoll geschmückt. Bei einer umfassenden Erneuerung in den Jahren 19611966 wurde sämtliches schmückendes Beiwerk zugunsten einer schlichten Bemalung wieder verdeckt.

2. Äußeres der Kirche

Der älteste Teil der heute stehenden Kirche ist der Turm, der sich an der Nordostseite direkt an das Kirchenschiff anlehnt. Er stammt aus dem frühen 13. Jahrhundert und ist in den unteren Stockwerken romanisch geprägt. Die Tür an der Nordwestseite ist erst in neuerer Zeit eingebaut worden. Da der Turm ursprünglich als Festungs- und Schutzturm gedacht war, hatte er zu ebener Erde aus Gründen der besseren Verteidigung keinen Zugang. Der Bergfriedzugang befand sich vermutlich an der Südostseite; es war jenes auffallendes großes Fenster , das einzige seiner Art überhaupt am Turm. Durch einziehbare Leitern konnte man die "Türschwelle" erreichen, die noch heute ziemlich abgenutzt aussieht. Da früher das umliegende Gelände noch wesentlich tiefer lag, hatte der Bergfried einen recht sicheren Zugang.

Nach dem Blitzschlag von 1835 wurde das oberste Stockwerk abgetragen und eine einfache Dachkonstruktion erstellt. Seit1862 dient er als Glockenturm für drei unterschiedlich große Bronzeglocken. Die zwei größten gingen in den Wirren des Zweiten Weltkrieges verloren und wurden 1950 neu gegossen. Die verbliebene kleine Glocke wurde im selben Jahr gegen eine klanglich bessere ausgewechselt. Das 1751-1754 entstandene Kirchenschiff passt sich in seiner massiven Schlichtheit dem alten Wehrturm an. 


3. Inneres der Kirche

 

Wir betreten das Langhaus durch das südwestliche Hauptportal und befinden uns unter der Eingangsempore. Gleich auf der linken Seite hinter dem Emporenaufgang befindet sich eine Gedenktafel aus schwarzem Marmor für Heinrich Dauber. Sie wurde 1877 hergestellt und ehrt den 1851 Verstorbenen als langjährigen Dekan und Schulkommissar der Gemeinde. 

Tritt man unter der Empore hervor, so erblickt man ein schlichtes, einfach gehaltenes Kirchenschiff. Obwohl in der Barockzeit erbaut mutet die Kirche durch die einfache graue Farbgebung und durch die simple Stuckdecke eher klassizistisch an. Dem Eingang gegenüber, im Chor, steht der Abendmahlstisch, und genau über ihm ist die Kanzel angebracht. Das war jedoch nicht immer so. Ursprünglich war die Kirche quergerichtet, d.h. Abendmahlstisch und Kanzel befanden sich auf der Südseite, und die Gemeindebänke waren hufeisenförmig darum aufgestellt. Diese Querrichtung der Kirche, Die nach der Reformation häufig zu finden war und die Gemeinschaft der Gläubigen um Wort und Sakrament ausdrücken sollte, wurde 1874 aufgegeben, als der Einbau der südlichen Empore notwendig wurde. Noch heute sind unter der Empore zwei barock gemeißelte kunstvolle Balkenauflagesteine zu sehen, welche die einstige Querrichtung bezeugen. 

Hinter dem Abendmahlstisch befindet sich die Sakristei und über der Kanzel die Orgel. Der gesamte Komplex steht heute unter Denkmalschutz. 

Die einst sehr bedeutende Orgel des Zwingenberger Orgelbauers Rothermel aus dem Jahr 1845 wurde 1982 gründlich instandgesetzt. Nur noch wenige Originalteile der Orgel sind dabei erhalten geblieben. Alljährlich findet hier Anfang September die besuchenswerte Wald Michelbacher Orgelwoche statt. 

Rainer F. Streng 
Zeichnungen: Gertraude Krüger 

 

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